Die Königin Corona und der König Angst
Die Königin Corona und der
König Angst
Corona Virus hielt die Welt im
Atem. Schulen und Kitas wurden geschlossen, Flüge abgesagt. Große
Fußballspiele wurden wenn überhaupt vor leeren Tribünen
ausgeführt.
„Zuerst ließ er den Virus
durch seine CIA Agenten in China ausbreiten und danach macht er
schnell die Grenzen zu!“, kommentierte meine Mutter. Sie war fest
davon überzeugt, dass Donald Trump mit seiner Administration
dahinter standen.
Trump konnte ihrer Meinung
nach nicht akzeptieren, dass die US-Wirtschaftsmacht von den Chinesen
in Schatten gestellt wird. Wie konnte man einem Land schaden, ohne
Wirtschaftskriege oder andere Kriege zu führen? Durch die Erfindung
eines Virus. Das war ihre Argumentationslinie.
Ich bin ein Hypochonder. Ich
trank täglich nach dem Essen einen Tee aus frischem Ingwer,
schwarzem Pfeffer und Kurkuma, wie mein Lieblingsinder Sri Sri Ravi
Shankar über seine Social Media Kanäle verordnete, Parallel dazu
las ich täglich die Tageszeitungen und ließ meine Ängste von den
Journalisten ordentlich füttern. Auf der ersten Seite stand immer in
roter Farbe, wie viel neue Infektionen gab und wie viel Menschen
bereits gestorben waren. Mein Verstand wurde langsam von der Phobie
benebelt, die die gesamte Bevölkerung in Deutschland in den Wahn
trieb. Die Kanzlerin sagte in aller Öffentlichkeit, da ca. 70% der
Bevölkerung angesteckt werden und fügte hinzu, dass es keinen Grund
zur Panik gäbe, da genug Essen vorhanden wäre. Gleichzeitig
bezeichnete sie den Virus als die größte Herausforderung nach dem
zweiten Weltkrieg. Wenn ein hochrangiger Politiker solche Aussagen
machte, stürmten die Massen die Supermärkte und räumten sie leer.
Die Deutschen kannten den Krieg und bereiteten sich dementsprechend
vor.
Man
sagte, dass die beste Medizin gegen den Virus die Isolation und
Hygiene wäre. Daher waren die Keller
in Berlin mit Konserven, Spagetti,
Reis, Desinfektionsgel
und Toilettenpapier
überfüllt. Ich kaufte auch
einiges davon und sagte zu meiner Freundin:
„Wenn es hart auf hart
kommt, ziehen wir aufs Land in Bulgarien. Dort können wir Kartoffel
und Tomaten einpflanzen und eine Weile davon leben!“
Die Grenzen waren zu diesem
Zeitpunkt noch nicht dicht, aber meine Arbeit ließ mich nicht so
einfach nach Bulgarien abhauen.
Ich musste am Wochenende zur
Veggieworld Messe und zwar mit eigenem Stand. Das machte mich zu
schaffen. 10.000 Menschen, also 10.000 potenzielle Virenträger
werden auf die Messe zum Strand strömen und mich mit ihren Bakterien
angreifen. Keine Maske, Handschuhe oder Desinfektionsmittel können
mich ausreichend vor ihnen schützen. Andere größere
Veranstaltungen wie die größte Tourismusmesse ITB oder Leipziger
Buchmesse wurden deswegen abgesagt. So hoffte ich heimlich, dass
diese Messe auch kurzfristig abgesagt wird, aber das geschah nicht.
Ich recherchierte im Internet und fand heraus, dass Robert Koch
Institut in Berlin strenge Auflagen allen Veranstaltern aufsetzte,
wenn ihre Veranstaltung durchgeführt werden sollte. Ich befürchtete,
dass die Veggie World Veranstalter ihr Event beim Institut nicht
angemeldet hatten und es still und schweigsam durchziehen wollten, um
kein Geld zu verlieren.
Ich setzte mich und schrieb
das Institut an. Ich fragte die Mediziner, ob sie auch über diese
Messe Bescheid wissen und wie sie das Risikopotential schätzen. Es
kam keine Antwort. Offensichtlich war ich nicht der einzige, der an
sie eine Frage richtete. Die Nacht vor der Messeeröffnung träumte
ich davon, dass sich ein Corona Virus in meine Wohnung
hineingeschlichen hatte. Die ganze Nacht war der Virus mir hinterher
und am Ende hatte ich ihn in meinem Kissen gefunden. Ich wachte
verschwitzt aus dem Albtraum und trank ein Glas kaltes Wasser. Das
Leben ging weiter und ich musste mich meinen Ängsten stellen.
Die Messe überstand ich mit
Mühe und mit der Hilfe eine Menge von Plastikhandschuhen und eine
paar Liter Reinigungsgel.
„Ich bin kein Chinese,
sondern ein Japaner!“, sagte ein Mann, der zu mir am Stand kam. Ich
versuchte Distanz zu halten und schaffte es, soweit es ging.
Am Tag danach las ich, dass
Corona Virus über 27C nicht lebensfähig wäre. Dann packte ich
entschlossen meine Badehose und Flipflops in die Sporttasche und
machte mich auf den Weg zum Fitness. Das Ziel war die Sauna, in der
über 80C herrschten.
„Keine Chance für Corona zu
überleben!“, dachte ich unterwegs. Ich kam mit meinem Rad schnell
an, zog mich in der Umkleide um und ging zum SPA. Vor dem Sauna
Besuch wollte ich ins Pool springen. Der ganze SPA Bereich war
normalerweise sehr gut besucht, aber heute sah es leer aus. Ich war
dabei, in den Pool zu gehen, als ich eine Frau erblickte, die bereits
darin schwamm.
Eine junge, gut aussehende
Chinesin war allein im Pool und schaute mit mit einladenden Augen
an:
„Komm, mein Süsser , um
meine Nähe zu spüren!“, sagten Ihre Augen.
„Komm, um den Virus von
ihrem Ursprung überreicht zu bekommen!“, war meine Interpretation.
Ich drehte mich schnell um und
versteckte mich in der Sauna. Es war heiß und ich war allein darin.
Ich drehte eine Saunauhr um und versuchte mich zu beruhigen. Ich
schwitzte mich bis ich es mir schwindelig wurde und ging unter die
Dusche. Die Chinesin war nicht länger im Pool, aber ich wagte es
nicht länger hineinzuspringen.
Auf dem Weg nach Hause ging
ich zu ALDI, um einpaar Packungen Reis zu besorgen. Die Verkäuferin
war um 60 Jahre alt. Ich kannte sie seit 3-4 Jahren und sie war immer
freundlich mir gegenüber. Ich sah, dass sie weder
Desinfektionsmittel benutzte, noch Handschuhe oder Schutzmaske trug.
Schließlich war sie täglich wie auf einer Messe den Kontakt mit
vielen Menschen ausgesetzt. Sie konnte von der Kasse nicht weglaufen,
hatte mit Menschen und mit Geld zu tun, was das Infektionsrisiko in
die Höhe trieb.
„Haben Sie keine Angst ,
sich anzustecken?“, fragte ich sie, nachdem ich 4 Packungen Reis
in meine Tasche hineingestopft hatte.
„Dite wäre jut!“, sagte
sie zu mir vertraulich .
Wenn ein Berliner zu einem
Migranten berlinerte, war das ein Zeichen der Wertschätzung, die ich
genoss.
„Wie meinen Sie das?“,
fragte ich sie.
„Zwei Wochen Ruhe zu Hause
würden mir jut tun, war!“, antwortete sie.
Corona Virus und seine
Nebenwirkungen wurden mir in diesem Moment aus einer anderen
Perspektive gezeigt.
Später holte ich meinen
dreijährigen Sohn vom Kita ab und wie wir nach Hause kamen,
versuchte ich ihm aufzuzwingen, seine Hände 20 Sekunden lang unter
dem warmen Wasser zu waschen. Er wehrte sich zuerst mit ganzer Kraft
dagegen und als er sah, dass ich nicht aufgab, sagte er:
„Wir müssen Tom holen!“
Tom war der Name eines Wagens,
der in seinem Lieblingszeichentrickfilm andere Autos, Züge und Boote
reparierte. Ich schaute es mit ihm morgens für 10 Minuten an, um
seine bulgarischen Kenntnisse zu verbessern.
„Was sollte Tom bei mir
reparieren?“, fragte ich ihn.
„Deinen Kopf!“, antwortete
er, ohne nachzudenken.
„Die kleinen Menschen wissen
alles Bescheid“, dachte ich.
„Komisch, wie der König
Angst und die Königin Corona meinen gesunden Verstand benebelten!“
Als ich mit meinem Sohn ins
Wohnzimmer ging, erinnerte ich mich an einen anderen Spruch meines
Lieblingsinders.
„Angst ist wie Salz für das
Essen“, sagte er.
„Ein wenig davon macht das
Essen köstlich. Zu viel würde das Essen ungenießbar machen!“
Toll! Eine Quintessenz aus Erlichkeit, Selbstironie und Tom - dem idealen Psychologe für die ganze Menscheit aus der weisen Kinderwelt
AntwortenLöschenzum Lachen. Super!
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