Tihomir und die deutsche Sprache - Teil 2
Tihomir
und die deutsche Sprache -Teil 2
In den zwei Monaten während der Sommerferien hat
Tihomir auf der Baustelle einen guten Job gemacht und einen zuverlässigen
Eindruck bei seinem Bauleiter hinterlassen.
Als Tihomir diesen im November anrief und fragte, ob
er auch in den ersten zwei Januarwochen, während in Bulgarien Winterferien
waren, auf der Baustelle arbeiten durfte, war sein Bauleiter sofort
einverstanden.
Als die Zeit kam, fuhr Tihomir wieder nach Berlin.
Dieses Mal war es viel kälter. Tihomir spürte die Feuchtigkeit in der Luft. Er
fing mit der Arbeit morgens um 6:30Uhr an. Um diese Zeit war es noch dunkel.
Als er mit der Arbeit um 17 Uhr fertig war, war es wieder dunkel.
Tihomir hatte den Eindruck, dass sich die Nacht im
Berliner Winter über den ganzen Tag erstrecken konnte.
Die Baustelle lag nicht weit vom Zoologischen Garten
entfernt. Wie an vielen Orten in Berlin wurde eine große Hotelanlage gebaut. An
einem Januartag war es besonders kalt. Plötzlich fing es an zu schneien.
Tihomir schaute verträumt die Schneeflocken an, wie
sie aus dem Himmel fielen. Dann richtete sich sein Blick auf das ganze
Baumaterial, das unbedeckt unter dem freien Himmel lag. Er musste sofort seinen
Chef in Kenntnis setzen.
Er rannte zum kleinen Container.
„Wie kann ich es ihm erklären, wenn ich das Wort für
Schnee auf Deutsch gar nicht kenne?“, dachte Tihomir, als er die Containertür
aufmachte.
Sein Vorgesetzter saß da, rauchte eine Zigarette,
trank von einem riesigen Becher Kaffee und hielt die Bild Zeitung in der Hand.
Er war ein riesiger Kerl mit einem großen Bierbauch.
Tihomir stand vor ihm und schwieg. Schließlich war
es einige Monate her, seit er das letzte Mal Deutsch gesprochen hatte.
Die Blicke der beiden Männer trafen sich.
„Morgen, Chef“, eröffnete Tihomir das Gespräch.
„Morgen. Was ist los?“, fragte der Bauleiter
grimmig. Er mochte es nicht so sehr, wenn er morgens gestört wurde.
Tihomir zeigte zuerst mit seinem Finger nach außen.
„Was ist los?“, wiederholte der Chef lauter seine
Frage und stand schnell auf.
Er rannte Richtung Tür, als die Stimme von Tihomir
ihn erreichte:
„Chef, es regnet, aber ein anderes Material“
Tihomir sprach die Worte schnell aus und seufzte
tief vor Erleichterung, dass er die richtigen Worte gefunden hatte.
„Kein Problem“, erwiderte sein Vorgesetzter mit
fester Stimme.
„Diese Bulgaren haben wohl in Bukarest keinen Schnee
gesehen“, dachte der Bauleiter.
Dann klopfte er Tihomir kräftig auf die Schulter, setzte
sich wieder hin und las weiter.
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