Die Kreativität der Bulgaren beim Kennenlernen von Frauen
Ein Freund von mir hatte einen Job an der
bulgarischen Schwarzmeerküste, dessen Bezeichnung mir im Deutschen schwer
fällt. Er arbeitete in einem der touristischen Urlaubsorte der bulgarischen
Schwarzmeerküste und war für ein Restaurant tätig. Er musste vor dem Restaurant
stehen und die vorbeigehenden Touristen hereinlocken. Auf Bulgarisch nannte man
solche Leute Schreier - also jemand, der die Leute anschreit. Ich weiß nicht
genau, ob auf Deutsch so eine Berufsbezeichnung existiert.
Der Freund trug den Namen Ivan. Er war klein, aber
gut gebaut, sprach einigermaßen gut Englisch, Russisch und Deutsch. Von jeder
dieser Sprachen beherrschte er 50 bis 70 Worte, die es ihm erlaubten, eine
einfache Konversation mit den Touristen anzufangen und diesen Job vier Monate
im Jahr auszuüben. Ab und zu landete die eine oder andere Schwedin oder Russin
in seinem Bett und er erzählte davon stolz seinen Freunden. Einmal, als ich ihn
besuchte, sagte er zu mir:
„Heute will ich dir zwei bildhübsche Russinnen
vorstellen. Komm einfach um Mitternacht vorbei.“
Ich war sein Gast und nahm sein Angebot dankbar an.
Pünktlich um 24 Uhr war ich bei ihm im Restaurant. Er hatte sich bereits
umgezogen und trug sportliche Jeans und ein weißes T-Shirt, auf dem in riesigen
Buchstaben ARMANI stand. Das passende Outfit, wenn man ein russisches Mädchen
treffen wollte. Sie standen in der Regel auf italienische Designerklamotten und
wussten nicht wichtig, dass das alles Fakes aus der Türkei und China waren. Ich
hatte auch ein schönes Hemd und kurze Hosen an und freute mich auf ein
interessantes Treffen mit zwei bildhübschen, jungen Damen.
„Los, wir müssen sehr schnell sein. Sie sind vor 15
Minuten weggegangen, aber ich weiß genau, wo wir sie finden werden. Ich habe
eine Strategie im Kopf.“
Ivan sprach schnell und rannte los. Ich begriff
seine Strategie nicht, spürte aber, dass ich ihm folgen sollte und lief ihm
hinterher. Der Abend war warm. Der Himmel voller Sterne. Eine perfekte Nacht
für ein Rendezvous. Ivan hatte kurze Beine, aber bewegte sich schnell. Ich
musste mich anstrengen, ihn einzuholen. Das gelang mir aber nicht, da er
Abkürzungen durch die Wiesen und Hotelanlagen suchte und geschickt an den
vorbeigehenden Touristen vorbeilief.
Man merkte, dass er richtig Übung hatte.
„Ivan, wo wollen wir hin? Was hast Du vor?“,
versuchte ich mir Klarheit zu verschaffen.
Er antwortete nicht und rannte weiter. Ich hielt
mich für ziemlich fit, hatte vor drei Jahren sogar versucht, den Berliner
Halbmarathon zu laufen, aber nach 15 Minuten stöhnte ich und rief ihm nach.
„Ich kann nicht mehr. Warte!“
„Komm noch ein bisschen. In 5 Minuten sind wir da.“
Ich sammelte all meine Kräfte und rannte weiter.
Mein Herz pochte. Ich spürte den salzigen Geschmack meines Schweißes auf den
Lippen. Ivan lief ungefähr 10 Meter vor mir. Er übersprang einen Zaun und ich
machte es mit Mühe nach. Der Zaun war 1,50 Meter hoch und ich blieb oben für
20-30 Sekunden hängen. Ich dachte, wenn wir so noch 10-15 Minuten weiter rennen
würden, müsste ich ins Gras beißen. Dann hörte ich die Stimme meines Freundes.
„Mann, du machst alles kaputt! Spring runter und
lege dich schnell hin!“
„Wohin?“
„Auf den Boden, du, Penner! Du hast echt alles
versaut. Scheiße! Die ganze Mühe für nichts. Scheiße! Du bist echt eine Pfeife!“
„Ivan, sag mal, was geht hier ab? Ich verstehe echt
nichts. Wovon redest du? Was habe ich versaut?“
Ich dachte, ein Mann vom Wachdienst des Hotels würde
gleich kommen und uns Probleme bereiten. Ich schaute mich schnell um, sah aber
keine Gefahr kommen.
Ivan schaute mich an. Ich musste eine tragische
Figur gemacht haben, weil er in Gelächter ausbrach. Er lachte laut und
ununterbrochen einige Minuten lang und nachdem er sich beruhigt hatte, sagte er
zu mir:
„Siehst du das Hotel hier vorne? Das ist das Hotel
der Russinnen. Und siehst du die beiden hübschen Mädels im Foyer? Das sind sie.
Und weißt du was? Sie haben dich am Zaun hängen sehen. Unser Rendezvous-Plan
hast du damit versaut.“
„Aber warst du mit denen nicht verabredet?“, fragte
ich noch außer Atem.
„Alter, das war eine unausgesprochene Verabredung.
Ich wollte, dass sie denken, dass sich unsere Wege per Zufall wieder kreuzen.
Ein Schicksalstreffen. Diese Mädels wären dann bestimmt mit uns was trinken
gegangen.“
„Ivan, ich bin total verschwitzt und müde. Entstehen
alle deine Dates auf der Basis provozierter Zufälle?“
„Ha ha, was weißt du schon? Ich bin so bis zum nächsten
Dorf, also 7 Kilometer gerannt und wurde belohnt. Ich habe mit dem Mädchen die Nacht zusammen
verbracht und das war die beste Nacht meines Lebens.“
„Die Strategie des provozierten Zufalls, Ivan - die
habe ich von dir gelernt“, musste ich zugeben.
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