Wie man in Bulgarien Steuern eintreibt
Wie
man in Bulgarien Steuern eintreibt
Der Bürgermeister einer kleinen Hafenstadt an der
bulgarischen Schwarzmeerküste hatte große Schwierigkeiten damit, die Leute dazu
zu bringen, ihre Steuern zu zahlen.
„Keiner möchte freiwillig zahlen und die
Stadtbewohner dazu zu zwingen, würde kein gutes Klima erzeugen“, dachte er und
rief den Familienrat zusammen, um nach einem Ratschlag zu fragen.
An einem sonnigen Sonntagnachmittag saßen im dicken
Schatten eines riesigen Walnussbaumes der Bürgermeister mit seiner Frau und
seinen zwei Kindern, dem Opa und der Oma zusammen, um das Problem zu besprechen.
„Hier ist es wie ein Dorf, mein Kind“, sagte die
Oma. Sie war 85 Jahre alt. Ihre lebendigen Augen und ihr offenes Gesicht
verliehen ihr eine junge Ausstrahlung.
„Jeder kennt jeden. Die Menschen zahlen hier nur
eine Steuer und diese heißt die Steuer der öffentlichen Meinung. Jeder hat
Angst, was die Anderen über ihn oder sie denken und sich vor den Anderen zu
blamieren. Wenn du es schaffst, deine Steuer an diese anzuhängen, hast du dein
Problem gelöst.“
Der Opa schenkte sich von seinem hausgemachten
Schnaps ein, leerte das Glas in einem Zug und schaute seine Frau mit einem
Blick voller Liebe an:
„Was für eine kluge Frau ich doch habe, sie findet eine
Lösung für jedes Problem. Hör´ auf deine Oma, mein Liebling! Sie hat nicht wie
du an der Uni in der Hauptstadt studiert, aber sie hat ihr Diplom von der Uni
des Lebens erworben. Am Abend treten diese Roma-Musiker in der Kneipe von
Simeon auf. Rede mit ihnen, gib ihnen ein wenig Geld und lass sie am nächsten
Wochenende vor den Häusern der Familien auftreten, die ihre Steuern nicht
gezahlt haben. Dann hast du dein Problem gelöst.“
Der Bürgermeister schätzte die Meinung seiner
Großeltern hoch ein. Seine Eltern waren bei einem Autounfall gestorben, als er
ein Kind war, und er war bei seinen Großeltern aufgewachsen. Er dachte darüber
nach. Dann ging er zur Kneipe von Simeon und beauftragte die
Roma-Musiker-Gruppe vor den Häusern der Menschen zu spielen, die ihre Steuern
nicht bezahlt hatten.
Bald gab es in dieser Stadt keinen einzigen
Haushalt, der seine Steuern nicht gezahlt hatte.
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