Frauen und Fussball
Frauen
und Fußball
Ich
war schon einige Jahre im Fußballbereich tätig. Von außen sah es
wie ein perfekter Job aus. Ich musste viel herumfliegen und reiche
Russen, Usbeken oder Kasachen davon überzeugen, teure VIP-Tickets
für wichtige Fußballspiele zu kaufen. In Wahrheit sah es so aus,
dass ich zwar viel unterwegs war, aber wenig von den Orten sah, an
denen ich mich aufhielt.
Zu
den Vorteilen dieses Jobs gehörte es, dass ich ab und zu mit meinen
Kunden ins Stadion gehen und gutes Essen und hervorragende Weine
genießen durfte.
Sehen
und gesehen werden hieß das Spiel das in den VIP-Bereichen gespielt
wurde. Wenn man das nur gelegentlich machte und sich und die anderen
nicht so ernst nahm, war es amüsant.
Wenn
man ein VIP-Ticket kaufte, erwarb man nicht nur eine Eintrittskarte
in einer zentralen Lage des Stadions, sondern auch das Recht auf
Essen und Trinken vor und nach dem Spiel sowie auf einen Parkplatz in
der Nähe des Stadions. Man konnte sogar ein kleines
Erinnerungsgeschenk bekommen, wenn es sich um ein bedeutendes Finale
einer Welt- oder Europameisterschaft handelte.
Als
ich Zürich verließ und nach Berlin zog, hatte ich einige Kontakte
zu den Leuten, die die VIP-Bereiche im Olympiastadion organisierten,
und wollte sie ausprobieren.
Ich
wusste, dass Hertha nicht den besten Fußball der Bundesliga spielte
und wählte ein Spiel aus, bei dem der Hauptstadt-Club eine Chance
hatte, zu gewinnen. Es war ein Spiel gegen Mainz.
Ich
nahm meine Freundin mit und wir fuhren zum Stadion. Zwei Stunden vor
dem Spiel wurden in der Regel die VIP-Bereiche aufgemacht. Hübsche
Hostessen begrüßten uns mit einem Lächeln. Wir bekamen einen Tisch
zugewiesen, aßen frisch gegrillten Lachs und tranken gekühlten
Riesling, bevor das Spiel begann.
Hertha
BSC spielte miserabel und verlor verdient 3:1.
Ein
Junge, der neben mir mit seiner Mutter saß, weinte. Ich erinnerte
mich, dass ich, als ich klein war, auch nach den Niederlagen von ZSKA
Sofia weinen musste. Mein Vater beruhigte mich mit den Worten:
„22
leere Köpfe laufen einem mit Luft aufgepumpten Ball nach und kriegen
dafür eine Menge Geld und du trauerst ihnen nach.“
Er
brachte es auf den Punkt, ich konnte ihn aber damals nicht verstehen.
Meine Freundin aß nach dem Spiel ein Stück Schokoladentorte und
postete auf ihrer Facebook-Seite ein Foto davon mit dem Kommentar,
dass sie sich trotz der 2:0 Niederlage von Hertha fabelhaft fühlen
würde.
Ich
überlegte, ob ich sie korrigieren sollte, was das Ergebnis anging.
Dann erinnerte ich mich zuerst an den weinenden Jungen, dann an den
Spruch meines Vaters und entschied mich, es sein zu lassen.
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