Die Integration syrischer Flüchtlinge in Berlin



Die Integration syrischer Flüchtlinge in Berlin

Während meiner Kindheit in Bulgarien, brachten mir meine Eltern bei, die Schuhe auszuziehen, wenn wir andere Familien besuchten. Später als ich nach Deutschland umzog, merkte ich, dass es nicht selbstverständlich war, die Schuhe auszuziehen. In den meisten Fällen behielten die Gäste ihre Schuhe an.

Ich und meine Freundin wurden von einem befreundeten Paar zu einem Adventsessen eingeladen. Das Essen fand an einem Sonntagabend in einer schönen Wohnung in Berlin Charlottenburg statt. Es gab 12 Menschen, die an einem langen Holztisch in einem riesigen Wohnzimmer mit hohen Decken saßen. Alle waren elegant angezogen. Der Tisch war bedeckt mit vielen Köstlichkeiten, die jeder von uns mitgebracht hatte. Aus der Anlage kam klassische Musik. Klavierkonzert Nummer Eins von Piotr Tchaikovsky. Ein riesiger Lampenschirm hing in der Mitte des Raums und sah aus wie ein Riesenpilz, der andersherum gewachsen war.

„Wie ich Euch in der Einladung mitgeteilt hatte, haben wir heute auch die benachbarte Familie aus Syrien eingeladen…", fing die Gastgeberin an. Sie hatte kurze blonde Haare und ich wusste, dass sie ein 2000 Seiten dickes Kunstbuch herausgebracht hatte. Sie trug ein dunkelblaues, langes Kleid, das gut zu der Farbe ihrer Augen passte. Ihre Stimme war rau und klang wie aus einem alten Kassettenrekorder.
 „Die Familie ist erst vor zwei Monaten eingezogen. Ich möchte jetzt alle bitten, die Schuhe auszuziehen, damit wir unsere neuen Nachbarn nicht beleidigen. Wie Ihr alle wisst, ist es Teil der muslimischen Kultur, die Schuhe auszuziehen.“
„Ja, ja, ja", wandte ein 50-jähriger Mann am Tisch unzufrieden ein. Er sah wie ein Bär aus. Groß, mit roten, lockigen, kurzen Haaren, Vollbart und einem dicken Bauch.
„Ich habe auch gesehen, wie ein muslimischer Journalist seine Schuhe nach George W. Busch warf. Vielleicht ist es für diese Menschen eine Beleidigung, wenn man die Schuhe anlässt, aber wäre es nicht besser, dass sie sich mit unseren Traditionen vertraut machen?“, fragte er in die Runde.
Unter den Gästen gab es Ärzte, Architekten und Lehrer, also allesamt gebildete Menschen, doch alle schwiegen einige Sekunden lang und dachten nach.
„Mach jetzt kein Theater!", rügte ihn eine blonde Frau mit viel Lippenstift und einem schwarzen Kleid, die neben ihm saß. Offensichtlich war sie seine Frau.
„Schon gut. Deutschland ist im Gegensatz zu Syrien ein Matriarchat. Die Frauen haben immer das Sagen. Der Familienharmonie zuliebe mache ich das", sagte der Bär und zog als erster seine Schuhe aus. Die anderen Gäste taten es ihm gleich. Die Gastgeber waren dabei, alle Schuhe einzusammeln, als es an der Tür klingelte.
Alle Gäste lachten.
„Jetzt kommen die syrischen Gäste“, sagte der Bär.
„Refugees welcome!“, fügte er hinzu.
„Hör endlich auf, den Clown zu spielen“, klopfte ihm seine Frau mit ihrer Hand leicht auf den Kopf.

Die Gastgeberin sammelten alle Schuhe ein, bevor sie ihre Nachbarn begrüßte und in das Wohnzimmer begleitete. Es war ein elegantes und gutaussehendes Paar. Der Mann war Mitte 40. Er hatte einen dunklen Anzug an und schulerlange, graue, sorgfältig nach hinten gekämmte Haare. Seine Begleitung war eine charmante, jüngere Dame mit langen, pechschwarzen Haaren. Als sie uns vorgestellt wurden und sich hinsetzten, merkte ich, dass die charmante Dame Absätze trug und ihr Kavalier elegante, dunkelbraune Schuhe anhatte. Sie waren im Raum die Einzigen die Schuhe trugen.

Offensichtlich war die Integrationsbeauftrage der Bundesregierung, Frau Mode, unserer Gastgeberin zuvorgekommen.

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