Die Stadt mit dem Namen Ausfahrt


Die Stadt mit dem Namen Ausfahrt

Peter war der Typ Mann, der das Abenteuer liebte.

Als Bulgarien der EU beitrat, brauchte er zwei Tage, um sich auf seiner Arbeit frei zu nehmen und sich auf den Weg nach Deutschland zu machen.
Er hatte nie Deutsch in der Schule gehabt und die wenigen Worte, die er kannte, waren aus den deutschen Pornofilmen, die er intensiv studiert hatte. Worte wie „fantastisch“, „geil“ und „supergeil“ bildeten seinen deutschen Wortschatz. 

Peter war von deutschen Frauen und von deutschen Autos gleichermaßen fasziniert. Er wollte mit seinen Ersparnissen einen BMW kaufen. Am besten einen Jeep. Sein VW war zwar noch brauchbar, aber schon viel zu alt. Peter fuhr frühmorgens los, um die Staus in Sofia zu vermeiden. Fast 24 Stunden lang war er dann ununterbrochen unterwegs. Er fuhr durch Belgrad, Budapest, Prag und konnte mit Mühe seine Augen offenhalten. Die gut 2000 km Distanz zwischen Bulgarien und Deutschland hatte er in einem Tag und einer Nacht wie geplant ohne Pause geschafft. Er hatte Glück an den Grenzübergängen und musste nicht zu lange warten. Seine Mutter hatte ihm eine Kanne voll mit Kaffee mitgegeben und er hatte bestimmt sieben, acht Tassen davon getrunken. Sein Körper brauchte Schlaf. 

Er entschied sich, nach dem Überqueren der deutschen Grenze einen ruhigen Ort zu finden, dort zu parken, die Sitze seines Autos nach hinten zu klappen und gemütlich einige Stunden zu schlafen. Aber jetzt durfte er sich keine Sekunde Schlaf gönnen. Das wäre tödlich. Er fuhr mit 140 km auf der Autobahn und schaute sehnsüchtig nach einem Schild, das eine Stadt ankündigte. 

Dann sah er es endlich: Auf dem Schild stand Ausfahrt in 5km. Dann kam das Schild Ausfahrt 3 km. Dann 800 Meter. Peter kannte diese Stadt nicht, aber das war im Moment nicht so wichtig. Wichtig war, dass er einen ruhigen Parkplatz fand, wo er ein wenig schlafen konnte.
Er folgte dem Weg mit einem Lächeln. Lange fuhr er weiter, ohne ein Licht oder die Präsenz eines menschlichen Lebenswesens zu sehen.
„Das kann nicht wahr sein“, sagte er zu sich. Er hielt sein Auto neben einem Feld an.
„Wahnsinn“, dachte er laut weiter.  
„Das kann auch in Deutschland passieren und nicht nur in Bulgarien. Die Deutschen wollten bestimmt diese Stadt „Ausfahrt“ bauen, aber das Geld hat nur für die Schilder gereicht...", fasste er gedanklich die Erklärung zusammen.
„Alle kochen doch nur mit Wasser“, kam die Essenz über seine Lippen, bevor ihm die Augen zu fielen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Българка или бразилка?

Die Komfortzone

Die Anreize des Firmenlebens