Der erotische Traum meines Vaters



Der erotische Traum meines Vaters

Mein Vater war ein gebildeter Mann. Er hatte viele Länder bereist, viel erlebt und seine Denkweise war durch Rücksicht und Verständnis geprägt.
Eine Ausnahme war die Tatsache, dass ich schon längst die 35 überschritten hatte und noch nicht verheiratet war. Er wünschte sich Enkelkinder. Er wünschte sich, dass sein einziger Sohn eine Familie gründete. Das bezeichnete man in Bulgarien als die Zutat, die dem Leben Sinn verlieh.
Einmal, als ich in Bulgarien war, sagte er zu mir:
„Weißt du was? Du bist mir im Traum erschienen. Ich habe deutlich gesehen, wie Du Sex mit einem schwarzen Jungen hattest..“
„Ups, Papa warum projizierst Du Deine Phantasien auf mich?“, antwortete ich. Ich wusste, dass er und meine Mutter heimlich voller Angst darüber nachdachten, dass ich vielleicht schwul war. Ich hatte sogar festgestellt, dass mein Vater heimlich meinen Briefaustausch mit einem engen Freund las, der homosexuell war.
Die Woche danach war ich wieder in Berlin. Da gab es Gott sei Dank keinen Druck seitens der Gesellschaft zu heiraten. Da war es sogar normaler, Schwuler anstatt ein Hetero zu sein. Es war Sonntagvormittag und ich lag noch im Bett, als mein Handy klingelte.
„Was machst Du?“, hörte ich die Stimme meines Vaters.
„Es ist Sonntag und ich liege noch im Bett!“, antwortete ich.
„Bist du wieder allein?“
Mein Papa wusste, wie er mir auf die Nerven gehen konnte. Ich wusste aber, womit ich ihm contra geben konnte.
„Nein, Papa! Neben mir liegt ein hübscher schwarzer Junge… genau wie in Deinem Traum, den Du letzte Woche hattest. Und weißt Du was? Wir besprechen gerade, ein Kind zu adoptieren, damit du auch deinen Seelenfrieden bezüglich der Enkelkinder wieder erlangst.“
Mein Vater liebte schwarzen Humor. In diesem Fall aber hörte ich nur sein Schweigen und gespannte Atemzüge am anderen Ende der Telefonleitung.


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