Die Königin Corona und der König Angst- Teil 2

Die Königin Corona und der König Angst- Teil 2

„Veso, du kennst doch meine Wohnung in Sofia?!“, sagte Ivan am Telefon.

Wie kann ich Deine Wohnung vergessen! Die Tanznächte mit allen schönen Mädchen“, antwortete ich und wollte ihn an die Partys erinnern, die wir damals bei ihm gemacht hatten.

„Ja Veso, ohne die schönen Mädels und die Musik fühlt sich die Wohnung ganz leer aus. Sie ist sowieso für einen alleinstehenden Mann ganz groß, vielleicht ein Stück zu groß!,“, seufzte mein Freund schwermütig am Telefon.

„Ich habe das Badezimmer in meinen SPA Bereich mit Duftkerzen für Aromatherapie umgestaltet. Sogar eine Buddha Statue mit Teelichthalter habe ich neben die Kloschüssel gestellt. Meine kleine Küche ist jetzt mein Michelin Stern Restaurant geworden. Stoffservietten, Silberbesteck und riesige Teller für die Min- Portionen sind ein Muss. Das Wohnzimmer wirst du aber am stärksten nicht wiedererkennen können! Da gibt es an der Stelle der bequemen Chesterfield Sessel eine Multipresse mit oberem Doppelzug. Der Riesenfernseher ist jetzt im Schlafzimmer und übernahm die Rolle meiner Geliebten. An seinem Platz steht jetzt eine Laufbahn, auf der ich mich warm mache und da, wo die Bücherregale waren, ist jetzt eine Sprossenwand. Ein richtiger Fitnessraum ist daraus geworden. Alter! Letztendlich bleibt sie aber eine Wohnung in einem Plattenbau am Rande von Sofia und seitdem diese Corona Notsituation in Bulgarien herrscht, kann ich es nicht länger darin aushalten!“

„Mein Freund, denk daran, wenn du Frau und Kind wie mich hättest und in einer Zweizimmerwohnung mit ihnen zurechtkommen musst!“, versuchte ich seine Problematik zu relativieren.

„Nicht wegen der Größe, Veso!! Die Wohnung ist für mich groß genug. Man hört aber alles mit, was von oben und von nebenan vorkommt und das macht mich wahnsinnig“

„Gibt es laute starke Sexszenen?“, versuchte ich ihn auf den Arm zu nehmen.

„Veso, der Nachbar von oben führt alle sein Leben lang geplanten aber nicht realisierten Reparaturen aus- er bohrt wie ein Wilder durch die Wände stundenlang!“

„Kannst du nicht Musik aufdrehen?“

„Eine Weile schon, aber das hilft wenig. Die Wände zittern. Der andere Nachbar von nebenan scheint endlich begriffen zu haben, dass der Virus ein Ende seines Lebens setzen könnte und nimmt seine Frau als ob es jedes Mal sein letztes Mal hätte sein können!“

„So müssen wir es auch immer tun oder? Vielleicht ist das auch die Lektion?“

„Veso, ich wohne hier seit 20 Jahren und nie habe ich sie gehört. Und jetzt passiert das mehrmals am Tag. Es geht gar nicht. Die Alte schreit so, als ob sie von einer Schlange gebissen wäre!“

„Ivan, gut möglich, dass es sich dabei nur um eine Inszenierung handelt! Vielleicht wollen Deine Nachbarn Dir heimzahlen, dass Du bei ihnen die Jahre davor mit der lauten Musik und den Partys für schlaflose Nächte gesorgt hast.“

„Interessante Überlegung! Habe darüber noch nicht nachgedacht!“

„Ivan, wichtig ist zu wissen, dass du nicht allein mit solcher Problematik stehst. Alle Menschen weltweit, die extrovertiert sind und so wie Du das Leben draußen im Freien und im Umgang mit anderen genießen, fühlen sich in ihrer Freiheit massiv eingeschränkt. Hast du gehört zum Beispiel, wie es den lebensfrohen Spaniern geht?“

„Nein! Ich schaue mir nicht länger Nachrichten im Fernsehen an. Das trieb mich in den Wahnsinn und habe damit aufgehört. Was geht in Spanien ab?“

„Die Ausgangssperre ist so streng-nicht mal Sport darf man draußen machen. Eine Ausnahme macht Gassi und die Polizisten haben einen Mann erwischt, der einen Hund gebastelt hatte und so tat, als ob er ihn ausführen würde. Einem anderen war alles zu viel und er verkleidete sich selbst als Hund und ging so auf die Straße“

„Ha ha, wenigstens zeigen sie Humor und Mut. In Bulgarien gibt es auch Ausgangssperre und die Hundeverkäufe gehen auch ganz schön in die Höhe, aber der spanische Markt ist natürlich größer und interessanter. Lass uns auch ein Geschäft daraus machen- mit 10 Hunden hinfahren und eine Art Rent a Dog Service aufzubauen?!“

„Ivan, die Spanier sind nicht so doof. Die Idee ist bereits umgesetzt. Zwischen 10 und 15 Euro pro Stunde kostet der Spaß, wenn Du mit einem ausgeliehenen Hund spazieren gehen magst.“

„Und wie ist es bei Dir in Berlin die Lage? Braucht man da auch einen Hund zu haben. Ich meine die Deutschen hielten auch vor der Corona Krise Distanz voneinander. 1 Meter mehr oder weniger stellt bei ihnen wahrscheinlich das Leben nicht auf den Kopf oder?“

„Ha ha Ivan, eine interessante Beobachtung. Gott sei Dank gibt es hier noch keine Ausgangssperre. Man darf allerdings höchstes zu zweit auf der Straße sein.“

„Sei froh, dass Du überhaupt aus dem Haus herausgehen darfst. In Bulgarien kostet der Spaß 2.500 EUR. Zwei Jahresrenten meiner Oma!Aber hast du keinen Stress mit Deinen Nachbarn? Drehen sie nicht durch?“

„ Na ja, nicht so schlimm wie bei Dir! Nebenan wohnt ein Mann, der ein Alkoholproblem hat. Er sitzt tagelang mit seiner Flasche Bier vor der Glotze. Weißt Du, was er mir vor paar Tagen erzählte?! Er meinte, er wäre daran gewöhnt, zuhause zu bleiben und sein Bier zu trinken. Viele seiner Verwandten hätten ihn deswegen kritisiert und seit dem Ausbruch der Corona Krise würden sie ihn alle auf einmal loben, dass er so Menschenleben retten würde und ein Beispiel für die anderen wäre!“

„Ha ha, der Mann hat endlich die Anerkennung bekommen, die er verdient!“, lachte Ivan laut.

„So einer sollte auf Instagram mit #stayhome Fotos bekannt werden und nicht all diese PR Junkies und Promis, die mir tierisch auf die Nerven gehen. Letzte Woche hatte ich in einer Talkshow das Interview mit dem bulgarischen Tennisstar Dimitrow gesehen. Alles wurde live aus Kalifornien übertragen, wo er seine Quarantäne verbringt“

„Und was sagte der hübsche Mann?“

„Der hübsche Mann appellierte an das bulgarische Volk zusammenzuhalten Er klopfte patriotische Sprüche, dass wir eine starke Nation wären und dass, wenn er gewinnen würde, nicht nur er allein, sondern ganz Bulgarien gewinnen würde.“

„Das stimmt wahrscheinlich oder?“

„Warte ab! Dann fragte ihn der Moderator, was es als erstes tun würde, wenn die Quarantäne aufgehoben wäre. Er meinte, er würde sofort zurück fliegen, um Zeit zusammen mit seiner Familie zu verbringen. Der Moderator fragte, ob er sofort den Flieger nach Bulgarien nehmen würde und der Tennisstar antwortete, nach Bulgarien oder nach Monaco- wichtig ist, dass er in Europa mit seinen Liebsten zusammen wäre“

„Na ja, ein ehrlicher Mann oder?!“

„Na ja und dann bat ihn der Moderator, mit seinem Laptop aus dem Haus zu kommen und das Spielfeld seiner Quarantäne dem bulgarischen Publikum zu zeigen. Dann war zuerst ein teurer Sportwagen zu sehen, den seinen Worten nach ihm Freunde gelassen hätten, wenn es ihm zu eng würde, um sich draußen abzulenken. Da gab es noch einen Tennis- und einen Basketballplatz. Skulpturen von Elefanten standen herum. Ich bin mir 100% sicher, dass wenn er eine Runde um das Haus gemacht hätte, auch ein Pool mit einer Schönheit zu sehen wäre. Zwar sagte er, dass er nur mit seinem Trainer zusammen da wäre, meinte aber bestimmt damit seine Fitnesstrainerin, die wie Pamela Andersen in ihren besten Jahren aussieht. Das erzählte er uns, in unseren Plattenbauten vor dem Fernseher sitzenden und Fleisch-, Bohnenkonserven und schreckliche Nachrichten konsumierende Bulgaren, dass wir eine starke Nation wären, die zusammenhalten müssen! Eine Unverschämtheit ist das!“

„Ivan, was wäre für Dich das Fazit aus der Geschichte?“

„ Keine Ahnung-was sagst Du als großer Philosoph? Vielleicht, dass das Geld doch glücklich macht?“

„Geld macht nicht glücklich, mein Freund. Wenn man aber genug davon hat, kann man entspannt am Pool mit einem Drink den Ausklang des Corona Virus abwarten, bevor man in First Class des Fliegers einsteigt und Monaco ansteuert, um im Beisammensein der Familie Austern mit Champagner in einem der Restaurants am Strand zu genießen“

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