Erste Veröffentlichung beim Diogenes Verlag

Eine meiner Weihnachstgecshichten wurde in die Weihnachtsanthologie "Diesmal schenken wir uns nichts" beim Diogenes Verlag im November 2015 veröffentlicht.

Es ist eine große Freude für mich, neben einem meiner Lieblingsschriftsteller Paulo Cuelho, sowie anderen namhaften Authoren wie Anton Czechov, Theodor Fontane, Rolf Dobelli und Martin Suter meine Kurzgeschichte zu sehen!

Enjoy it!

Santa Claus und der Wunsch, den er nicht erfüllen konnte

Der Abend lief gut. Es war schließlich der Heilige Abend und es sollte so sein.
Ich sauste von Adresse zur Adresse mit meinem alten, schwarzen Fahrrad.
Ich hatte eine wichtige Rolle an diesem besonderen Tag zu spielen. Vielleicht die wichtigste: ich war der Weihnachtsmann. Ich trug einen langen, roten Mantel und dazu eine weiße Perücke mit langem weißen Bart. Ich beschenkte die Kinder reichlich.
Ich hatte 16 Familien in meinem goldenen Buch. Bei jeder Familie durfte ich höchstens 25 Minuten verbringen. 5 Minuten zum Ankommen Ich kam immer mit  einem Weihnachtslied, meistens Jingle Bells, in die Wohnungen hinein und ließ mir von den Kindern den Weihnachtsbaum zeigen und einen Stuhl geben. Innerhalb der nächsten 15 Minuten Aufenthalt in der Familie spürte ich oft, inwieweit wirklich Liebe und Harmonie dort herrschte. Viele Familien bestellten den Weihnachtsmann in der Hoffnung, die fehlende Harmonie zu ersetzen. Viele Kinder bekamen viel zu viele Geschenke, durch die die vom beruflichen Leben gestressten Eltern ihre fehlende Aufmerksamkeit kompensieren wollten. Ich hatte 5 Minuten zu gehen, solange die Kinder ihre Geschenke auspackten. Es war stressig, aber auch schön, Kinder zu beglücken.
Der Weihnachtsmann kam, sang und ging.
Ich war mit dem Fahrrad unterwegs und konnte nicht nur zu Hause bei den Familien, sondern auf dem Weg zu ihnen einiges erleben. Ich hatte die Tasche voll mit goldenen Schokoladenmünzen, die ich an die Kinder verteilte, die mir auf der Straße begegneten.  Ich wußte dass die moslemischen Familien kein Weihnachtsfest feierten und die Kinder aus solchen Familien draußen spielten. Für sie war das Erscheinen des Weihnachtsmannes eine schöne Abwechslung und sie lieferten sich mit mir oft eine Schneeballschlacht. Ich kriegte meistens einige Schneebäle an meinen Kopf und mehrere auf meinen Körper und mußte dann schneller in die Pedale meines Fahrrads treten.

Als ich später den verschneiten Tiergarten durchquerte und mich in der Stille der verschneiten Wege von der Schneeballschlacht ausruhte, hörte ich laut aus dem Lautsprecher „Ho Ho Ho-Gesang“.. Ich drehte mich um und sah ein Polizeiauto stehen. Die Bullen machten sich auch über mich lustig.
Mit Mühe erreichte ich meine letzte  Adresse. Sie war nicht weit von Ku´damm entfernt. Es gab ein Einzelkind. Einen Jungen. Die Mutter war um die 40. Sie hatte lange, glatte, dunkle Haare und trug ein enges Kleid, das ihre üppigen Formen betonte. Die Wohnung  war geschmacksvoll eingerichtet. Schöne moderne Bilder schmückten die Wände. Eine Skulptur eines Pferdes war im Flur zu sehen. Weiße Kerzen brannten überall und verliehen dem Raum Weihnachtsstimmung. Ich übergab dem Jungen die Geschenke. Er sang ein Lied. Dann erfüllte ich die Wünsche, die seine Mutter am Telefon davor geäußert atte. Der Junge sollte lernen, allein in seinem Zimmer zu schlafen. Der Junge sollte ab und zu bei seinem Vater übernachten können. Die Mutter nutzte die Autorität des Weihnachtsmannes, um ihren Freiraum breiter zu gestalten. Das machten die meisten Familien.

Als ich mich verabschiedete, reichte sie mir den Briefumschlag mit meinem Honorar an der Tür und sagte zu mir:
„Vielleicht mag der Weihnachtsmann noch auf ein Glas Proseco bleiben?“
Ich schaute sie mir an. Ihr Kleid war lang und eng. Es hatte einen breiten Ausschnitt. Die Brüste waren groß und einladend.  Es sah so aus, als ob zwei kleine Wassermelonen unter ihrem Kleid steckten. Ich dachte zuerst, ob ich das als Geschenk annehmen sollte. Zuerst das Kind, dann auch seine Mutter glücklich zu machen. Das wäre eine gelungene Weihnachtsmission. Dann überlegte ich, was ich davor dem Jungen erzählt hatte und was das für einen Eindruck auf ihn machen würde, den Weinhnachtsmann mit Glas Sekt mit seiner Mama zu sehen und lehnte höflich ab.
„Gerne, mein liebes Kind, aber der Weihnachtsmann hat noch viele Kinder glücklich zu machen und muss weiter ziehen. Fröhliche Weihnachten!“
Eigentlich war das meine letzte Adresse und ich hatte großen Hunger. Auf dem Tisch war viel leckeres Essen übrig und die Mutter sah gar nicht übel aus. Der Weihnachtsmann war schließlich ein Mann und wie ein solcher brauchte er zwei Sachen, um zufrieden zu sein: gutes Essen und guten Sex.  Er hatte eben auf den Sex verzichtet, aber zu einem guten Essen würde er nicht nein sagen.

 Mit solchen Gedanken ging ich aus der Wohnung, zog mich im Treppenhaus des Gebäudes um, packte das Weihnachtsmannoutfit in den leeren Geschenkesack und ging hinaus. Es war kalt und viel Schnee lag auf den Strassen Berlins. Alles war zu und ich freute mich, als ich einen offenen, türkischen Imbiss sah. Meine Tasche war voll mit Banknoten. An diesem Tag hatte ich knapp 400 Euro verdient. Jetzt konnte ich mir ein leckeres, warmes Essen gönnen. Gut, dass die Türken kein Weihnachten feirten und ihre Döner-Läden offen hatten.  Darin gab es keine Leute - abgesehen von einem jungen, schwarzen Mädchen. Sie war schlank und spörtlich  Ihr Po ähnelte einer schönen Walnuss. So konnte nur der Po eines Mädchens auf Afrika aussehen. Sie schaute sich die Wand an. Darauf standen alle Gerichte und ihre Preise. Ich sah, wie sie ihre Münzen zählte und darüber nachdachte, ob sie sich das Essen leisten konnte.
„Was darf es sein?“ fragte der Türke. Er hatte weißes Hemd an und trug stolz einen Schnurrbart.
Sie schwieg zuerst verlegen. Dann entschied sie sich, lieber nichts zu essen. Bevor sie sich umdrehte, mischte ich mich ein:
„Heute ist Weihnachten und ich bin der Weihnachtsmann. Du bist heute zum Essen eingeladen. Bestelle, was Du haben magst, und ich kümmere mich um die Rechnung.“
Sie schaute mit einer Mischung zwischen Skepsis und positiver Überraschung an. Sie hatte ein schönes Gesicht mit großen, schwarzen Augen. Bestimmt hielt sie mich für einen Verrückten.
Ich zeigte auf meinen Geschenkesack, in dem ich das Kostüm hatte und sagte:
„Siehst Du diesen Sack?! Ist voll mit Geld. Mach dir keine Sorgen und bestelle!“
Sie lächelte und wir bestellten unser Weihnachtsessen zusammen.
Es war ein gelungener Heiliger Abend.

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